Berlin: Nicht einmal jeder Fünfte für radikale Klimapolitik – Neubauer will „weiterkämpfen“
Trotz medialen Rückenwindes und einer Kampagnenkasse von 1,2 Millionen Euro ist die Initiative „Berlin 2030 klimaneutral“ gescheitert. Nur 442.210 Wahlberechtigte nahmen die Vorlage beim Volksentscheid am Sonntag, dem 26.03., an. Das entsprach einem Anteil von 50,9 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Allerdings lag die Wahlbeteiligung lediglich bei 35,8 Prozent – und für eine verbindliche Annahme wären 607.518 Ja-Stimmen erforderlich gewesen. Insgesamt hatte sich damit nicht einmal jeder fünfte Stimmberechtigte für die radikale Klimaschutzvorlage ausgesprochen.
Berlin sollte 112 Milliarden Euro in schnelle Klimaneutralität investieren
In Berlin gilt es als Ziel der Politik, bis 2030 die CO2-Emissionen in der Stadt gegenüber 1990 um 70 Prozent zu senken und bis spätestens 2045 klimaneutral zu werden. Die Initiatoren des Volksentscheides wollten schon bis 2030 eine Senkung um mindestens 95 Prozent vorschreiben – und das verbindlich.
Die Energieversorgung in Berlin sollte nach dem Willen der Initiative „Klimaneustart Berlin“ dazu nur noch „klimaverträglich und sicher“ sein. Nach derzeitigen Vorgaben soll sie auch „preisgünstig“ bleiben. In der gesamten Stadt soll auf den Straßen eine Regelgeschwindigkeit von 30 Stundenkilometern gelten. Darüber hinaus sollten insgesamt 112 Milliarden Euro in Radverkehr, Elektromobilität, Gebäudesanierung oder erneuerbare Energien fließen.
Die zu erwartende Erhöhung der Nettowarmmieten solle aus dem Landeshaushalt ausgeglichen werden. Knapp eine halbe Million der Spenden für die Werbekampagne hatten die Eutopia-Stiftung und die Wenger-Danzinger-Foundation beigesteuert. Hinter diesen steht ein deutsch-amerikanisches Investorenehepaar.
Sechs Bezirke stimmen mit „Nein“
Am Samstag vor dem Volksentscheid hatten „Grüne Jugend“, BUND, „Omas gegen Rechts“ und „Fridays for Future“ (FFF) zudem noch einmal zu einem Konzert in der Innenstadt eingeladen. Mit ihren Auftritten wollten unter anderem Annette Louisan, Elements of Crime, Beatsteaks und Igor Levit für ein „Ja“ werben. Die Politökonomin Maja Göpel und FFF-Sprecherin Luisa Neubauer hielten Reden.
Ein ungünstiges Omen für die Veranstalter schien es indes zu sein, dass statt der erwarteten 35.000 lediglich 1.500 Zuschauer zu dem Event gekommen waren. Am Tag danach blieb die Zahl der Ja-Stimmen unterdessen sogar noch deutlich unter jener der addierten Zweitstimmen für Grüne, Linkspartei und Klimaliste von der Wiederholungswahl zurück.
Auf Bezirksebene konnte die Initiative in Friedrichshain-Kreuzberg mit 77 Prozent die höchste Zustimmung auf Bezirksebene für sich verbuchen. Demgegenüber stimmten in Marzahn-Hellersdorf 71 Prozent mit „Nein“. Gegen die Vorlage votierten auch die Bezirke Reinickendorf, Lichtenberg, Treptow-Köpenick, Steglitz-Zehlendorf und Spandau.
Niederlage in Berlin als herber Rückschlag
Dass die Mobilisierung trotz eines großen Etats und günstiger politischer Verhältnisse in der Bundeshauptstadt so gering blieb, ist für die Klimabewegung ein herber Rückschlag. Dass die Zustimmung zu den Forderungen, die zur Abstimmung standen, in der Fläche noch deutlich geringer ausfiele, ist wahrscheinlich.
Jessamine Davis, Sprecherin des Bündnisses „Klimaneustart“, will trotzdem „weiterkämpfen“. Das Ergebnis sei „schade für alle Menschen in Berlin“. Man wolle aber weiterhin verschiedenste Akteure zusammenbringen, um die sozial gerechte Ausgestaltung der „Klimawende“ sicherzustellen.
Auch Luisa Neubauer erklärte auf der Wahlparty, man lasse sich „nicht aufhalten von den Kritikern und Nörglern“. Das Ergebnis sei „keine Niederlage für die Klimabewegung, sondern eine Niederlage für alle Menschen in Berlin“. Man werde dennoch weitermachen. Immerhin, so betont Neubauer, gelte der Grundsatz:
Wir kämpfen auch weiter für die Menschen, die heute mit Nein gestimmt haben.“
„Klimaschutz mit der Brechstange“ nicht mehrheitsfähig
Die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg erklärte hingegen, eine „Klimapolitik mit der Brechstange“ habe keine demokratische Mehrheit gefunden. Die scheidende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey erklärte, der „Kampf gegen den Klimawandel“ bleibe „eine unserer zentralen politischen Aufgaben“. Diese sehe auch die CDU ähnlich, die mit der SPD momentan Koalitionsverhandlungen führt.
(Mit Material von dpa)
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